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Eine Rassel aus gutem Hause

Die Rassel mit Bergkristall-Lutscher erzählt ihre Geschichte
nach einem Interview mit Kurator Dominik Heher
Objekt Kinderlutscher aus Bergkristall auf grafisch aufbereiteten Hintergrund.
Ich beruhige und sorge für Unterhaltung. Babys lieben mich – und Eltern auch.
Rassel mit Bergkristall-Lutscher

Meine edle Erscheinung war etwas, das sich nur die Reichen leisten konnten. Und doch war ich für die Kleinsten gemacht.

Im allerletzten Raum der Ausstellung findet ihr mich, ausgestellt zwischen einem Korallenlutscher und einem Fallhut aus Seide. In diesem Raum finden sich verschiedene Objekte, die zur Unterhaltung und Beruhigung von Kindern dienten. Als die Ausstellungsmacher mich zu einer Reise auf die Schallaburg einluden, habe ich mich sehr gefreut. Hier kann ich meine Geschichte erzählen! 

Ein Spielzeug mit Doppelfunktion

Diese Geschichte beginnt im 17. Jahrhundert. Aus feinstem Gold und einem schimmernden Bergkristall wurde ich gefertigt – bestimmt von einem Meister seines Fachs! Ich bestehe aus zwei Teilen:

  • einer fein gearbeiteten, goldenen Rassel
  • einem Bergkristall-Lutscher

Zu meiner Zeit konnte man mich nur besitzen, wenn man über ein gewisses Maß an Reichtum verfügte. Meine luxuriösen Materialien zeigten deutlich meinen Wert. Deshalb war ich vor allem im gehobenen Bürgertum und beim Adel beliebt. Aber egal ob reich oder arm: Auch im 17. Jahrhundert hatten Eltern oft Mühe, ihren Nachwuchs zu beschäftigen. Also griffen sie auf mich zurück. 

Unterhalten oder beruhigen

Man setzte mich ein, um Kinder zu unterhalten oder zu beruhigen. Meinem Bergkristall-Lutscher wurde sogar eine heilende Wirkung nachgesagt! Dieser Edelstein sollte, so glaubten manche, den Geist der Kinder beruhigen. Meine Rassel bot ihnen hingegen eine willkommene Ablenkung. Das Geräusch des Rasselns reichte aus, um die Kinder stundenlang zu unterhalten. Heute ist es nicht anders. Wenn Kinder quengeln oder unruhig sind, kümmern sich Erwachsene um die Kleinen und ihre Bedürfnisse. Unter anderem unter Zuhilfenahme von Spielsachen. So stehe ich auch stellvertretend für das Sich-um-andere-Kümmern und gleichzeitig für den Wunsch nach Ruhe und einen Moment der Entspannung. 

Mohnzuzler, Leinensackerl und Schnuller

Ähnliche Rasseln wie mich, mit Lutschern aus verschiedenen Materialien, kannte man schon im 16. Jahrhundert. Aber wusstet ihr, dass weniger betuchte Familien ihre Kinder zum Beispiel mit Alkohol beruhigten? Sie gaben ihnen in Alkohol getränkte Stoffreste, an die die Kinder nuckeln konnten. Auch die sogenannten Mohnzuzler waren bei ärmeren Familien beliebt. Im Waldviertel sollen Bäuerinnen ihren Kindern Leinensackerl, gefüllt mit gemahlenem Mohnsamen, gegeben haben. Damit sollten die Kinder schneller einschlafen. Später wurden die Lutscher von Schnullern aus Kautschuk abgelöst. Die Schnuller, die ihr heute kaufen könnt, bestehen meist aus Silikon oder aus Naturkautschuk. Auch, wenn die Schnuller von heute ganz anders aussehen als die Lutscher zu meiner Zeit: ihre Funktion ist die gleiche. 

Ein kleines Spielzeug mit großer Aufgabe

Im Laufe der Jahrhunderte wurde ich von einer Generation an die nächste weitergegeben. Jedem Kind, dass mich in die Hand bekam, vermittelte ich gleichzeitig Ruhe und Beschäftigung. Ich war das Geheimnis vieler friedlicher Nächte. Und eine Quelle des Trostes, wenn Worte versagt haben. Irgendwann verschwand ich in einer Schublade. Und dann wurde ich wiederentdeckt! Ein Sammler stieß auf mich und nahm mich auf in seine Sammlung. So kam ich schließlich auch hierher. Die Schallaburg ist meine neue Bühne, von der aus mich die ganze Welt sehen kann. Ich bin ein kleines Spielzeug mit einer großen Aufgabe: Ich bringe den Kleinsten Freude und Entspannung. 

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