Über die Work-Life-Balance eines Landadeligen
Schlossherr, Sammler, Sportskanone? Adlige in der Renaissance waren vielfältig!Veröffentlicht am: 5. August 2024
Im diesjährigen Escape-Room wagen Sie einen Einbruch in die privaten Räumlichkeiten des Schlossherren. Da kann es nicht schaden, ein wenig mehr darüber zu erfahren, wie so ein Graf des ausgehenden 16. Jahrhunderts eigentlich seine Zeit verbrachte, vom Faible für Einhörner bis zu Fitness-Trends.
In „Mission: Goldener Panther“ treffen Sie einen der berühmtesten Herren der Burg: Hans Wilhelm von Losenstein.
Das heißt: Besser, Sie treffen ihn nicht. Ihre Aufgabe besteht nämlich darin, dem Hochwohlgeborenen einige brisante Dokumente aus seinem Büro zu entwenden.
Doch je mehr Sie herumstöbern, desto klarer nimmt der Schlossherr vor Ihrem geistigen Auge Gestalt an: Politiker, Diplomat, Förderer des (evangelischen) Glaubens, Wirtschaftler, Bauherr, aber auch Kunstsammler, Hobby-Wissenschaftler und – nicht zuletzt – Sportler. Ja, das Job-Profil eines Adeligen in der Renaissance war ziemlich umfassend. Eine klare Trennung zwischen „Arbeit“ und „Privatleben“ gab es dabei nicht. Man kann sich das als eine Art Homeoffice im Hardcore-Modus vorstellen, in dem alle Lebensbereiche ineinander verschmelzen. So war auch der Übergang zwischen persönlichen Interessen und standesgemäßem Auftreten fließend.
Adel verpflichtet
Um ein solches Auftreten mussten Adelige stets bemüht sein. Dazu zählten unter anderem eine aufrechte Körperhaltung, elegante Bewegungen, das Beherrschen mehrerer Sprachen, vor allem Französisch und Italienisch, eine solide religiöse und weltliche Schulbildung, idealerweise auch ein Studium und/oder militärische Erfahrung, dazu noch Kenntnisse in Tanz und Konversation. Genaueres lässt sich im „Libro del Cortegiano“ von Baldassare Castiglione nachlesen, das 1528 erschien. Dieses Handbuch für Adelige war zu Lebzeiten von Hans Wilhelm von Losenstein zwar schon fast hundert Jahre alt, hatte aber noch immer Gültigkeit.
Hans Wilhelm war sich seines Standes bewusst. Immerhin entstammte er den Losensteinern, die der Legende nach zu den „Apostelgeschlechtern“ Österreichs zählten, also schon bei der Ankunft der Babenberger im Jahre 976 hier ansässig waren. Als Jugendlicher unternahm er die klassische „Kavaliersfahrt“ – eine Frühform des Erasmus-Semesters für Adelssprösse, das sich aber über Jahre ziehen konnte. Er bereiste dabei Böhmen und Frankreich und studierte Jus an der Universität von Padua. Zurück in Österreich setzte er das von seinem Vater begonnene Werk fort und transformierte die Schallaburg zum Renaissanceschloss. Obwohl er Protestant war, bekleidete er auch mehrere Hofämter bei seinem katholischen Chef, Erzherzog Matthias von Habsburg. Kurz: Hans Wilhelm war das Musterbild eines (evangelischen) Adeligen um 1600 – chronische Geldnot inklusive.
Sammelwut
Im Escape Room stellen wir Hans Wilhelm von Losenstein als einen Menschen dar, der sich für die schönen Künste und die neuesten Entdeckungen interessierte. Beides gehörte damals durchaus zum Image gebildeter Adeliger. Sie förderten Künstler, sammelten Kunst und legten bisweilen ganze „Wunderkammern“ an, in denen sie Präparate exotischer Tiere, Mineralien, Kunstwerke, Globen, Spiegel und Kuriositäten aller Art präsentierten. Zu den Must-Haves zählten Einhorn-Hörner und Kokosnüsse. In der Wunderkammer spiegelt sich das renaissancezeitliche Bedürfnis wider, die Welt – inklusive der Neuen Welt – zu ordnen und zu verbessern und gleichzeitig die Macht ihres Besitzers offensichtlich zu machen. Auch hier verschwimmen die Grenzen zwischen Hobby und Imagepflege.
Genau so muss man auch den Bau der ersten Orangerien einordnen. Schon 1538 gab es erste Orangenpflanzen am Hof in Prag, sechs Jahre später auch in Wien. Exotische Pflanzen wurden zunehmend zum Statussymbol.
Entsprach auch Hans Wilhelm diesem adeligen Ideal? Sagen wir so: Vermutlich tat er es im Rahmen seiner Möglichkeiten. In den gräflichen Appartements der Schallaburg gab es zwar eine Stube mit kleinem studiolo, ein privates Studierzimmer. Für ein überdurchschnittliches Interesse an Wissenschaft gibt es aber keine Hinweise. Allerdings war ihm als überzeugtem Protestanten Bildung ein großes Anliegen. Daher gründete er auch eine evangelische Schule in Loosdorf und kämpfte zeitlebens für ihren Erhalt.
Und die schönen Künste? Ein gewisses Kunstverständnis wird man Hans Wilhelm nicht absprechen können. Ansonsten hätte er den ambitionierten Umbau der Schallaburg nicht so entschlossen vorangetrieben. Eine große Kunstsammlung ist aber nicht überliefert und auch eine „Wunderkammer“ gab es auf der Schallaburg wohl nicht, zumindest keine nennenswerte. Auf exotische Früchte musste Hans Wilhelm vermutlich ebenfalls verzichten, denn eine Orangerie ist im Renaissancegarten der Schallaburg nicht nachgewiesen.
Mission: Goldener Panther
Ein alchemistischer Spionagetrupp in den Räumen des SchlossherrnEs lebe der Sport!
Dafür bot der erwähnte Garten so ziemlich alle anderen Annehmlichkeiten, die man sich damals vorstellen konnte. Wasserspiele und adrette Blumenbeete sollten Besucherinnen und Besucher ebenso beeindrucken wie gepflegte Obstplantagen. So wie in einer Wunderkammer wollte Gottes wunderbare Schöpfung schließlich auch im Garten in Ordnung gebracht werden. Erst der verständige Geist des gebildeten Menschen konnte Natur zu Kunst veredeln. Allerdings war so ein Garten nicht nur zum beschaulichen Flanieren da, sondern auch zur körperlichen Ertüchtigung. Hans Wilhelm hatte seinen Schlossgarten um 1570/80 nämlich mit einem „Sportzentrum“ ausstatten lassen, bestehend aus einer Schießstätte, einem Reitplatz und einem Ballhaus.
Was wir heute „Sport“ nennen würden, hatte für viele Adelige in der Renaissancezeit einen hohen Stellenwert: Bei der Jagd, beim Reiten, beim Ringen, beim Fechten, beim Bogenschießen oder beim Ballspiel eine gute Figur zu machen, gehörte zur adeligen Imagepflege. Fitness wurde großgeschrieben.
Besonderen Stellenwert hatte hierbei das Ballhaus – wir würden heute dazu eher „Sporthalle“ dazu sagen. Seit etwa 1500 waren verschiedene Ballspiele salonfähig geworden. Selbst Kaiser Karl V., der französische König François I. und sein englischer Amtskollege Henry VIII begeisterten sich für das „Jeu de Paume“, eine Art Squash. Gespielt wurde in Hallen, deren Mauern mit Ruß geschwärzt wurden, damit sich der weiße Ball besser abhob. Anfangs drosch man den Ball noch mit der Handfläche (frz. paume), zu Zeiten Hans Wilhelms bereits effizienter mit einer Art Tennisracket über das Netz. Doch auch hier ging es nie nur ums Spiel: Ein Ballhaus zu besitzen war ein Statement. Es brachte seinem Besitzer gewiss Ansehen und Neid seiner Standesgenossen ein. Wie gut Hans Wilhelm selbst spielte, ist leider nicht überliefert…
Renaissancesport erleben
Die Schallaburg ist einer der wenigen Orte, an denen die „Freizeitgestaltung“ des Schlossherren noch erlebbar ist. Verbinden Sie doch Ihr Escape-Abenteuer mit einer Runde Bogenschießen in der historischen Schießstätte, einer Partie Badminton auf jenem Feld, wo einst das Ballhaus stand oder einer inspirierende Führung durch Schloss und Garten.
Dominik Heher & die Schallaburg
Den Kurator verbindet mit der Schallaburg eine schon ein Jahrzehnt andauernde Zusammenarbeit. Das erste Zusammentreffen in der Arbeitswelt fand ungefähr 2010 während den Vorbereitungen für die Ausstellung Das Goldene Byzanz und der Orient (2012) statt. Es folgten die gemeinsamen Ausstellungen Freyheit durch Bildung (2017), Byzanz & der Westen. 1.000 vergessene Jahre (2018), Donau. Menschen, Schätze & Kulturen (2020), Reiternomaden in Europa (2022) und Kind Sein (2023). Zuletzt entwickelte Dominik Heher das inhaltliche Konzept für den aktuellen Escape Room Mission: Goldener Panther (2024/2025).
Lernen Sie auf der Website den Kurator und seine Projekte kennen.
Escape Room
Mission: Goldener PantherEin Spionageabenteuer auf der Schallaburg
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Mission: Goldener PantherEin Spionageabenteurer auf der Schallaburg
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Mission: Goldener Panther
Ein Spionageabenteuer auf der Schallaburg
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