Die Sache mit dem 50er
Hat jemand alle Ausstellungen seit 1974 gesehen?Veröffentlicht am: 14. Oktober 2024
Jubiläen muss man feiern, wie sie fallen, und 2024 haben wir gleich einen richtig guten Grund! 50 Jahre Schallaburg, 50 Jahre Ausstellungen, die uns in die verschiedensten Epochen, Länder und Geschichten entführt haben. Ob Sie schon alle Ausstellungen gesehen haben oder nur mal reinschnuppern wollen – jetzt ist der perfekte Moment, in Erinnerungen zu schwelgen oder neue zu sammeln. Dr. Reinhard Linke nimmt uns mit auf seine ganz persönliche Schallaburg-Zeitreise.
Seit 1974 ist die Schallaburg ein bedeutendes kulturelles Zentrum, das durch seine beeindruckenden Ausstellungen zu Themen aus Geschichte und Gesellschaft ein breites Publikum anspricht. Die Ausstellungen, die von der Renaissance über die Wikinger bis hin zu Themen wie Indien, Byzanz oder Donau reichen, haben internationale Besucher angezogen. Zu den Höhepunkten der letzten Jahrzehnte zählen u. a. die Ausstellungen über den Staatsvertrag, den Ersten Weltkrieg und das antike Ägypten. Im Jubiläumsjahr 2024 feiert die Schallaburg mit der Ausstellung „RENAISSANCE einst, jetzt & hier" ihr 50jähriges Jubiläum als Ausstellungshaus mit dem Kulturjuwel Schallaburg als Hauptausstellungsobjekt.
50 Jahre Schallaburg-Ausstellungen! Begleiten Sie Dr. Reinhard Linke auf eine Reise durch ein halbes Jahrhundert. Von der ersten Ausstellung 1974 bis hin zu unvergesslichen Momenten mit dem Staatsvertrag und Jochen Rindts Lotus: Lassen Sie sich von seinen Erinnerungen begeistern und entdecken Sie die Highlights der Schallaburg. Lesen Sie jetzt den exklusiven Blog-Bericht!
Meine Erlebnisse auf der Schallaburg
Was Fußballsticker mit Ausstellungen gemeinsam habenHaben Sie je Panini-Pickerl gesammelt? Die gehören seit 1980 zu jeder Fußball-EM und -WM dazu. Die Sammelalben und die Abziehbilder haben Kultstatus für junge Fans, aber auch für Ältere. Man will das Album komplett haben. Haben Sie bei Ausstellungen auch so ein ähnliches Gefühl? Wenn dann jedes Jahr … auf die Schallaburg. 1974, also vor 50 Jahren, hat es die erste Ausstellung gegeben. Wie viele haben Sie besucht?
Gleich vorweg: Ich bin immer gerne auf die Schallaburg gefahren, aber ich habe es nicht jedes Jahr geschafft. Warum? „Keine Zeit“ – diese Erklärung kennen vermutlich viele Menschen. Gilt aber als Ausrede eigentlich nicht. „Übersehen, dass sie schon bald zu Ende ist.“ Naja, sollte auch nicht gelten, denn wenn jemandem etwas wichtig ist oder wenn man ein spezielles Interesse hat, dann sollte eine neue Ausstellung asap besucht werden.
Bei vielen Ausstellungen war ich als Journalist des ORF Niederösterreich seit Mitte der 1980er-Jahre aus beruflichen Gründen. Das Ergebnis waren Berichte fürs Radio und fürs Fernsehen, später dann auch für ORF.at. Und kein Bericht war wie der andere. Einmal war es eine Vorschau, was das wissenschaftliche Team inhaltlich plant, dann war es ein Bericht über exklusive Exponate, für die man auf welch verschlungenen Wegen auch immer eine Zusage bekam. Es waren viele Reportagen über Eröffnungen dabei, bei denen der Zeitplan schon bei der Begrüßung über den Haufen geworfen wurde, Berichte über Symposien auf der Schallaburg, über den 50.000 bzw. 100.000 oder den 200.000 Besucher bzw. Besucherin, nicht zu vergessen die zahlreichen Sonderveranstaltungen, den Adventmarkt und vieles andere mehr!
Unvergessliche Ausstellungen
Von Peru bis zur „wilden“ Fünfziger-Jahre-SchauAuf keinen Fall werde ich jetzt alle Ausstellungen aufzählen die ich seit meiner ersten – damals beruflich bedingten Fahrt auf die Schallaburg – gesehen habe. Die erste war die Peru-Ausstellung im Jahr 1983 viele sind ihr dann gefolgt! Schon meine zweite Ausstellung war eine der erfolgreichsten die es auf der Schallaburg gegeben hat: „Die ‚wilden‘ fünfziger Jahre“. Der Untertitel war Programm: „Formen und Gefühle eines Jahrzehnts“. Kurator war der Zeithistoriker Gerhard Jagschitz tolle Exponate aus dem Alltag in Vitrinen wie ich sie damals noch im Haus meiner Großeltern sehen konnte.
Und schon 1985 wusste der in der Kulturabteilung des Landes für die Schallaburg verantwortliche Gottfried Stangler (mit dem ich unzählige Interviews gemacht habe): „Diese Ausstellung behandelte ein Thema für die ‚ganze Familie‘: Die Großeltern sahen ihren Wiederaufbau gewürdigt die Eltern ihre Jugend dargestellt und die Kinder erlebten die romantische Verklärung einer Zeit die sie nur aus den Erzählungen ihrer Eltern kannten.“ Ein Geheimrezept aus dem Jahr 1985 für erfolgreiche Ausstellungen.
Die Anfänge der Schallaburg als Ausstellungsort
Eine Erfolgsgeschichte seit 1974Ein kleiner Sprung zurück ins Jahr 1974 und zur ersten Ausstellung in der restaurierten Schallaburg, dem schönsten Renaissanceschloss nördlich der Alpen, wie sie oft genannt wird. Wenn man heute liest und Fotos sieht, wie das Schloss ausgesehen hat, als es vom Land Niederösterreich übernommen wurde und was alles dann ab 1968 saniert werden musste, so ist das eine unvorstellbare Leistung, auf die man bei der Eröffnung am 21. Mai 1974 auch mit Recht stolz sein konnte.
323.125 Menschen kamen bis Mitte November auf die Schallaburg, um die Renaissanceausstellung zu sehen, die übrigens gleichzeitig die siebente Niederösterreichische Landesausstellung war.
(Die erste Landesausstellung war 1960 im Stift Melk, von 1962 bis 1967 gab es jährlich eine, dann folgte eine Pause, bis 1973 im Schloss Petronell „Die Römer an der Donau“ gezeigt wurde, und ein Jahr später dann die Schallaburg.)
Ein magischer Ort für Kulturfreunde
Warum die Schallaburg mehr als ein Ausstellungshaus istEin Besuch der Schallaburg war und ist immer etwas Besonderes. Man hat ein paar Minuten Zeit um sie sich zu „ergehen“.
- Der Innenhof ist etwas Besonderes und versetzt Gäste denen ich den Terrakotteninnenhof zeige regelmäßig in großes Erstaunen.
- Die Ausstellungen: immer etwas Neues immer mit Überraschungen immer spannend vom Gestalterischen.
- Die Kataloge sind wahre Fundgruben sehr zeitgemäß nicht mehr wie früher die große Sammlung von vielen wissenschaftlichen Aufsätzen und langen Exponatsbeschreibungen sondern ein vielseitiges Eintauchen in das Thema vor allem was die Zugänge zum Thema und die unterschiedlichen Ansätze betrifft.
Persönliche Momente und Erlebnisse
Große Momente hinter den KulissenBei einigen Ausstellungen war ich als kleines Rädchen dabei habe Videos und Audios für die Ausstellung gestaltet wie etwa für die Staatsvertrags- und Weltkriegsausstellung für die Sechziger- und Siebziger-Ausstellung. Und für die zuletzt genannte Schau auch Gespräche für den Katalog geführt etwa mit Freda Meissner-Blau oder Herbert Prohaska. Gemeinsam mit Peter Fritz, bis vor Kurzem Geschäftsführer der Schallaburg, habe ich für den ORF Niederösterreich drei Sammelaktionen koordiniert für die Staatsvertrags- und Weltkriegsausstellung also 2005 und 2014 und für die Landesausstellung 2009 „Österreich. Tschechien.“
Da fällt mir gerade Jochen Rindts Lotus ein, mit dem er 1970 den Grand Prix von Monaco gewonnen hat, und der 2010 ausgestellt war. Sicherheit: null. Wer mit dem Auto einen Unfall hatte: keine Chance. Ich war ein großer Rindt-Fan und habe geweint, als er in Monza starb.
Ich denke jetzt an Königin Noor, die 1988 die Jordanien-Ausstellung eröffnete. Keine Chance auf ein TV-Interview, alle waren aufgeregt und nervös, wann hat man schon königlichen Besuch?
Oder 2005, als der Original-Staatsvertrag einen Tag vor Ausstellungseröffnung auf die Schallaburg gebracht wurde. Großer Bahnhof im Innenhof, dann endlich: Drei Polizeimotorräder vorne, danach eine schwarze Limousine, ein weiteres Auto, zuletzt noch einmal Polizisten auf Motorrädern. Der Staatsvertrag aus Moskau! Herren in schwarzen Anzügen steigen aus, gehen auf das wartende Schallaburg-Team und die Journalisten zu. Wir fragen uns, ob jetzt aus einem der Autos in einem mitgeführten Tresor der Staatsvertrag endlich rausgeholt wird? Nein, denn einer aus dem Begleittross hatte ihn in einem Plastiksackerl mit, ganz unauffällig und ganz unspektakulär wurde dieses wertvolle Dokument so in den Ausstellungsraum gebracht, niemandem ist das aufgefallen.
Schallaburg als Familienausflug
Warum die Schallaburg Generationen verbindetAuch das gehört erwähnt: Wo kann man als müde Gewordener besser Rast machen und sich fühlen wie … im Restaurant, natürlich im Freien? Die Speisekarte auch immer mit Bezug auf das Ausstellungsthema! Und gleich beginnt auch das Schmökern in den Büchern, die man im Shop gekauft hat.
Auch das ist ganz wichtig: Die Schallaburg ist ein Familienausflugsziel! Den jungen Besuchern und Besucherinnen wird auf Augenhöhe begegnet, und es wird ihnen viel Abwechslung geboten. Ein Ausstellungsbesuch, bei dem man nicht nur Neues lernt, sondern der auch Spaß macht und zum Wiederkommen einlädt!
Fazit: Die Schallaburg bleibt einzigartig
Jedes Jahr ein neues ErlebnisDas macht auch für mich das Besondere aus: Mit jeder neuen Ausstellung ist es jedes Jahr ein neues Erlebnis. Es ist immer auch ein Staunen dabei man möchte mehr über das Thema wissen man wird zum Nachdenken angeregt oft bin ich auch nachdenklich nach Hause gefahren. Ob das jetzt „Kind sein“ war oder die Schau „Sehnsucht Ferne“ die Ausstellung über die Donau „Der Hände Werk“ oder über den Islam um nur einige aus den letzten Jahren zu erwähnen. So sollen Ausstellungen sein. Wie jene auf der Schallaburg.
Liste der erwähnten Ausstellungen (Auswahl):
- Peru durch die Jahrtausende – Kunst und Kultur im Lande der Inka
- Die 'wilden' fünfziger Jahre (1985)
- Der Königsweg – 9000 Jahre Kunst und Kultur in Jordanien (1988)
- Österreich ist frei – Der Österreichische Staatsvertrag (2005)
- Die 60er. Beatles, Pille und Revolte (2010)
- Jubel & Elend. Leben mit dem Großen Krieg 1914–1918 (2014)
- Die 70er – Damals war Zukunft (2016)
- Islam (2017)
- Der Hände Werk (2019)
- Sehnsucht Ferne – Aufbruch in neue Welten (2021)
- Kind sein (2023)